top of page
AutorenbildETKultur Team

Was kocht ein Senn im Unterland?

Was kocht ein Senn im Unterland?



(Bild Betty Bossi)


Die Antwort wäre: Älplermagronen oder Älpler Makkaroni, dem Namen nach ein Teigwarengericht der Alpenbewohner.


Doch das Rezept kommt nicht von den Älplern und die dazu verwendeten Nudeln sind keine Makkaroni*, sondern Eierteigwaren in Röhrenform. Die Komposition aus Teigwaren, Kartoffeln, Rahm, Käse, Zwiebeln und Speck wird mit Apfelmus serviert und gilt als ein traditionelles Schweizer Gericht, das aus Urgrossmutters Rezeptsammlung stammen könnte. Aber bis 1986 fehlte es im offiziellen schweizerischen Militärkochbuch, folglich ist das Rezept gar nicht so alt.


Eines vorweg: Das Essen ist total lecker, sättigt, ist einfach in der Zubereitung und relativ günstig im Preis. Kann nach Vorliebe abgeändert und aufgewärmt werden. Kurz, ein ideales Gericht für die ganze Familie, der Kantine, den Pfadfindern, der Gastronomie und eben dem Militär. Doch woher stammt dieses heute so populäre Rezept, das sogar an offiziellen Schweizer Anlässen im Ausland serviert wird?


Erstaunlich ist die Mischung von Kartoffeln und Nudeln, die zusammen in einer Milch-Käsemischung gekocht wird. In Mitteleuropa ist es nicht üblich, zwei stärkehaltige Komponenten in der gleichen Speise zu mischen. Entweder wird etwas mit Reis oder Kartoffeln oder mit Teigwaren gekocht oder serviert, aber Kartoffeln und Teigwaren in der gleichen Speise zu mischen, ist aussergewöhnlich. Dazu isst man Apfelmuss, das süss und leicht säuerlich ist. Wie seltsam.


Dem Namen nach müsste es ein typisches Gericht sein, das auf der Alp zubereitet wurde, doch Kartoffeln waren viel zu schwer, um sie auf die Alp zu tragen.


Möglich wäre auch gewesen, dass die Älplermagronen von Italienern und Schweizern zusammen beim Bau des Gotthardtunnels ab 1872 erfunden wurden. Die Italiener brachten die Makkaroni, die Schweizer die Kartoffeln und die Milch. Doch die Italiener, die damals am Gotthard arbeiteten, assen keine Makkaroni, sondern Polenta oder Reis.


Eine Erklärung wäre, dass das Gericht mit der Verbreitung der Teigwaren in der Schweiz entstanden ist. Ab 1838 wurden in der Schweiz Teigwaren fabriziert, sie waren aber ein teures Nahrungsmittel. Erst ab 1925 in Folge neuer Vertriebskanäle im Detailhandel, wurden sie für jedermann bezahlbar. Teigwaren waren bei den Sennen beliebt, weil sie haltbar sind und im Verhältnis zum Nährwert sehr leichtgewichtig, beides unschätzbare Vorteile. Das Strecken der Älplermagronen mit den billigeren Kartoffeln kam sehr wahrscheinlich erst später auf, als sich das Gericht im Unterland verbreitete.


Doch woher das Rezept wirklich stammt, weiss niemand!


Die Kunst der Zubereitung von Älplermagronen liegt darin, die Flüssigkeitsmenge so zu bemessen, dass sie aufgesogen ist, wenn Kartoffeln und Teigwaren gar sind. Der Rahm und der grob geraffelte Käse, vorzugsweise reifer, geschmackvoller Käse wie Appenzeller oder Gruyère, lässt man einige Minuten ziehen, bis der Käse geschmolzen ist, sie bilden die Sauce. Das fertige Gericht wird mit gerösteten Zwiebeln und Speck bestreut, die traditionelle Beilage dazu ist Apfelmus. Das wird in einer Schale dazu gereicht und nicht über die Nudeln geleert.


Wer sichergehen will, dass ihm das Gericht gelingt, kocht die Nudeln und die Kartoffeln einzeln und mischt sie dann mit dem Rahm und dem Käse. Falls man ein Rezept für dieses Gericht braucht: schlagnach bei «Betty Bossi».


* Italienische Teigwaren werden nur aus Hartweizengries herstellt. Eierteigwaren hingegen aus Hartweizengries und Eiern, sie verkochen dadurch schneller als italienische Teigwaren.




- Ana

24 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page